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Biographie

Der Lebensweg des Komponisten, Dirigenten und Musikpädagogen Paul Graener wurde erst in den letzten Jahren zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Nachdem Graener nach 1950 nicht nur aus dem Konzertleben, sondern auch aus Musik-Lexika verschwand, ist seit Mitte der 1990er Jahre eine langsame Belebung seiner Werke und damit verbunden eine Auseinandersetzung mit seinem Wirken und Schaffen zu verzeichnen. In der Neuausgabe der MGG (Die Musik in Geschichte und Gegenwart, Personenteil, Band 7, Sp. 1455-1457) erschien 2002 Knut Andreas’ Eintrag „Paul Graener“. Der Autor beschäftigt sich seit einigen Jahren intensiv mit Leben und Werk Graeners und arbeitet derzeit an seiner Dissertation über diesen Komponisten.
Der kürzlich im Bayerischen Musiker-Lexikon Online erschienene Artikel „Paul Graener“ Link von Dr. Fred Büttner beinhaltet den derzeit aktuellsten und umfänglichsten Lebenslauf sowie das umfassendste Werkverzeichnis Graeners.
Da beide benannten Graener-Artikel einfach zugänglich sind, soll im folgenden eine Kurzfassung seiner Biographie einen ersten Einblick in Graeners Wirken ermöglichen und gleichzeitig anregen, sich an den empfohlenen Stellen intensiver mit dem Komponisten Paul Graener auseinanderzusetzen.

Paul Graener Paul Graener wurde am 11. Januar 1872 in Berlin geboren und wuchs nach dem frühen Tode seiner Eltern bei nahen Verwandten auf. In seiner Geburtsstadt Berlin besuchte er das Askanische Gymnasium sowie das Veitsche Konservatorium, ohne jedoch die Ausbildung an diesen Einrichtungen regulär abzuschließen.
Graeners früher Wunsch, als Kapellmeister an ein Theater zu gehen, führte ihn in verschiedene deutsche Städte, so auch nach Bremerhaven, wo er einige Monate als Theaterkapellmeister wirkte und sein erstes Bühnenwerk, die Operette Backfische auf Reisen, uraufführte. Eine erste langjährige Anstellung erhielt Graener 1898 als Musical Director am legendären Londoner Royal Theatre Haymarket.
Paul Graener Nachdem Graener mehr als zehn Jahre in London gelebt hatte, wo er seine Frau Marie heiratete und ihre drei gemeinsamen Kinder zur Welt kamen, ging er nach Wien, um dort eine Anstellung als Kompositionslehrer am Neuen Wiener Konservatorium anzunehmen. Die Wiener Zeit war allerdings nur von kurzer Dauer. Bereits im Sommer 1911 wurde Graener zum Direktor des Salzburger Mozarteums berufen. Hier leitete er nicht nur die Musikschule, sondern auch die Sinfoniekonzerte des Mozarteumsorchesters. In einem dieser Konzerte brachte er seine Sinfonie d-Moll Schmied Schmerz zur Uraufführung.
Ab 1914 lebte Graener in Dresden und München und ging als freischaffender Künstler vor allem seiner kompositorischen Arbeit nach, bis er 1920 als Nachfolger Max Regers an das Leipziger Konservatorium berufen wurde. Graeners Wirken in Leipzig war von ebenso kurzer Dauer wie seine Tätigkeit am Salzburger Mozarteum. 1924 verließ er die geschichtsträchtige Leipziger Einrichtung und widmete sich, wieder in München lebend, in den folgenden sechs Jahren seinem kompositorischen Schaffen.
Paul Graener 1930 nahm Graener erneut eine feste Anstellung an, die ihn zurück in seine Geburtsstadt Berlin führte. Graener folgte dem verstorbenen Alexander von Fielitz auf die Stelle des Direktors des Stern’schen Konservatoriums. Bereits 1933 gab er diese Position an seinen Stellvertreter ab und übernahm eine Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste Berlin.
Zu Beginn der 1930er Jahre wurde Graener Mitglied der NSDAP, engagierte sich in verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen und wurde 1934 als Nachfolger Wilhelm Furtwänglers zum Vizepräsidenten der Reichsmusikkammer ernannt. Dieses Amt legte Graener 1941 aus bislang ungeklärten Gründen nieder. Die Frage, inwiefern sein teilweise nachweisliches Engagement für befreundete jüdische Komponisten und Verleger dabei eine Rolle spielte, ist weiterhin Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung.
Die Zeit des zweiten Weltkriegs verbrachte Graener in Berlin, bis seine Wohnung durch Bombenangriffe 1944 zerstört wurde. Mit seiner Familie flüchtete der Komponist über Wiesbaden und München zunächst nach Metz, um dann über Wien nach Salzburg zu gelangen, wo er im Alter von 72 Jahren am 13. November 1944 verstarb.

Graeners Schaffen umfasst über 130 Lieder, von denen die Vertonungen zahlreicher Gedichte Christian Morgensterns hervorzuheben sind. Zehn Opern (eine blieb unvollendet), eine Operette, Orchesterwerke, Kompositionen für Soloinstrumente mit und ohne Begleitung, Kammer- und Klaviermusik sowie Werke für gemischten Chor und Männerchor stammen aus seiner Feder. Verlage wie Eulenburg, Universal-Edition Wien, Bote&Bock, Zimmermann, Schott, Kistner & Siegel, Simrock und Litolff publizierten seine Kompositionen. Namhafte Dirigenten und Solisten interpretierten seine Werke, unter ihnen Arturo Toscanini, Erich Kleiber, Eugen Jochum, Wilhelm Furtwängler, Arthur Nikisch, Paul Grümmer, Franz Ledwinka, Fritz Rothschild und Walter Davisson. Nur wenige seiner Kompositionen sind heute käuflich erhältlich. Eine Auswahl bestellbarer CDs finden Sie unter Publikationen & Aufnahmen Link.

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